Über 40 Unternehmen setzen ein Zeichen für Inklusion am Arbeitsplatz
Inklusion ist keine Frage der Möglichkeiten, sondern der Einstellung: unter diesem Leitmotiv fand am 10. Oktober 2024 der zweite Schichtwechsel im Kreis Euskirchen statt. Die Aktion, die in diesem Jahr wiederholt in Kooperation zwischen der Wirtschaftsförderung des Kreises Euskirchen und den Nordeifel Werkstätten (NE.W) stattfand, stand ganz im Zeichen der beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Mit über 40 teilnehmenden Unternehmen verdoppelte sich die Zahl der Mitmachenden im Vergleich zum Vorjahr, als 20 Betriebe das Engagement aktiv unterstützten. Im Fokus der Initiative stand die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Die Aktion zeigte deutlich, dass Menschen mit Handicap wertvolle und gleichberechtigte Arbeitskräfte sind, die das Potenzial haben, den Fachkräftemangel zu entschleunigen.
Ein starkes Signal für Inklusion
Der Kreis Euskirchen hat sich erneut als Vorreiter für Inklusion und die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung gezeigt. „Die Verdopplung der teilnehmenden Unternehmen in diesem Jahr zeigt, dass das Bewusstsein für Inklusion wächst“, betonte die Stabsstellenleiterin der Wirtschaftsförderung Kreis Euskirchen Iris Poth. „Menschen mit Behinderung bewiesen auch dieses Mal, dass sie trotz ihrer Einschränkungen leistungsstarke und engagierte Arbeitskräfte sind. Mit der Aktion wollten wir Arbeitgebern erneut die Chance geben, diese Fähigkeiten hautnah zu erleben.“ Ziel des Schichtwechsels war es, Berührungsängste abzubauen und einen direkten Austausch zwischen Unternehmen und Menschen mit Handicap zu ermöglichen. Beschäftige aus den Unternehmen hatten die Gelegenheit, den Arbeitsalltag von Menschen mit Behinderung in Werkstätten und inklusiven Betrieben kennenzulernen, während Menschen mit Handicap einen Tag in Unternehmen verbrachten. Dieser Perspektivwechsel förderte den Dialog und half, das gegenseitige Verständnis auf beiden Seiten zu stärken.
Beispiele für gelebte Inklusion
Eines der Unternehmen, das in diesem Jahr am Schichtwechsel teilgenommen hat, ist das Schoeller Werk aus Hellenthal. Alexander Mertens, Geschäftsführer des „Global Players“ kennt die NE.W nicht nur, weil deren Gartenbauabteilung die Außenanlage des führenden Herstellers längsnahtgeschweißter und gezogener Edelstahlrohre pflegt, sondern auch durch weitere private und berufliche Kontakte. Er beschäftigt bei Schoeller Menschen mit Behinderung: „Es ist auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels sinnvoll zu prüfen, welche Aufgaben in Unternehmen von Menschen mit Behinderung übernommen werden können.“
Stefan Dott, Geschäftsführer des regionalen Unternehmens für Energiedienstleistungen, „e-regio“, engagiert sich ebenfalls für den „Schichtwechsel“: „Ich finde die Idee toll, in Austausch zu kommen und mehr Gefühl für die andere Seite zu bekommen.“ Obwohl der ehemalige Judo-Leistungssportler bereits sowohl privat wie beruflich Kontakt mit Menschen mit Handicap hat: „Wir haben zum Beispiel Kollegen, die im Rollstuhl aktiv sind und ganz normal im Arbeitsalltag integriert sind.“ Gute Arbeitsbedingungen und eine positive Atmosphäre sind ihm wichtig.
Patrick Schmidder, Geschäftsführer der Nordeifel-Touristik erklärt: „Wir bieten Interessierten gerne einen Einblick in unsere Arbeit im Tourismus, der im Kreis Euskirchen eine bedeutende Rolle einnimmt. Praktikantinnen und Praktikanten sind bei uns für einen Tag, zwei Wochen oder ein halbes Jahr willkommen. Der Schichtwechsel ist eine klasse Gelegenheit, sich zu präsentieren.“
Rund um die berufliche Zukunft dreht es sich im BZE (Berufsbildungszentrum Euskirchen). Dessen Leiter Jochen Kupp sagt: „Wir möchten am Aktionstag teilnehmen, auch um die Sichtweise von Menschen mit Behinderungen besser kennenzulernen. Wir haben in den vergangenen Monaten viele Gespräche mit den NE.W geführt und sehen bei diesen Menschen ein großes Potential für den ersten Arbeitsmarkt.“
Einen Tag vor dem bundesweiten Schichtwechsel traten vier in Peer-Ausbildung befindliche Beschäftigte der NE.W-Job ihre Schicht bei der GPV- und Psychiatriekoordinatorin Silke Toennes an. Der Tag stand unter dem Motto: „Beratungsangebote in der Abteilung Gesundheit“ des Kreises Euskirchen. Dabei erhielten die Teilnehmenden wertvolle Einblicke in die vielfältigen Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes sowie in laufende Präventionsprojekte. Am Beispiel örtlicher Fallkonferenzen im Rahmen des Gemeindepsychiatrischen Verbundes (GPV) wurde deutlich, wie eng die Arbeit der zukünftigen Peer-Beratenden mit den Aufgaben der Gesundheitsabteilung verknüpft ist. Auch die Beratungsbeispiele von Cornelia Köcher, Fachstelle für sexuelle Gesundheit und Judith Heimbach, Sozialpsychiatrischer Dienst, zeigten eindrucksvoll, wie bunt und komplex die Angebote der Abteilung Gesundheit sind. Auch weitere Abteilungen des Kreises beteiligten sich am Schichtwechsel. So konnten Mitarbeitende der NE.W Einblicke in die Arbeit der Bußgeldstelle oder der Wirtschaftsförderung erhalten. Diplom-Archivarin Heike Pütz gab spannende Einblicke ins Kreisarchiv, von historischen Dokumenten bis hin zu faszinierenden Aktensammlungen. Es war ein Erlebnis, das die Vergangenheit lebendig werden ließ. Auch das KoBIZ (Kommunales Bildungs- und Integrationszentrum) war beim Schichtwechsel dabei. Eine kaufmännische Mitarbeiterin der NE.W lernte die Verwaltungsarbeiten kennen und konnte bereits aktiv in eine Aufgabe eingebunden werden. Unter anderem nahm sie an einer Gesamtteam-Sitzung teil und versuchte sich an einem Protokoll.
Fachkräftemangel und Inklusion
Angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels gewinnt das Thema der Inklusion weiter an Bedeutung, denn Menschen mit Behinderung sind eine oft übersehbare Ressource auf dem Arbeitsmarkt. Viele von ihnen bringen eine hohe Qualifikation mit, die sie trotz oder gerade wegen ihrer Beeinträchtigung erworben haben. Arbeitgeber, die bereit sind, diese Talente zu erkennen und zu fördern, profitieren langfristig von motivierten und loyalen Mitarbeitenden. Durch den Schichtwechsel wurden nicht nur die Eigenständigkeit und das Selbstwertgefühl der Menschen mit Behinderung gestärkt, sondern auch den Unternehmen gezeigt, wie Inklusion in der Praxis funktionieren kann. Der Aktionstag half, das Bewusstsein für diese Potenziale zu schärfen und Unternehmen zu ermutigen, sich langfristig für Inklusion am Arbeitsplatz einzusetzen.