Seit Jahren sind die Feldhamsterpopulationen in Europa stark zurückgegangen. Auch der Kreis Euskirchen ist davon betroffen. Zuletzt war der Feldhamster in NRW nur noch in Zülpich mit einem nennenswerten Vorkommen von knapp 100 Tieren im Jahr 2011 nachgewiesen worden. Bis 2016 nahm der Bestand trotz Sofortmaßnahmen weiter ab, so dass schließlich nur noch 8 Baue nachgewiesen werden konnten.
Um dem totalen Verlust dieser bedrohten Tierart entgegenzuwirken, wurde nun in Zülpich eine Auswilderung von nachgezüchteten Feldhamstern durchgeführt. Langfristiges Ziel des Auswilderungsprojektes ist die Entwicklung einer sich selbsterhaltenden Population. Auf einer 5,48 ha großen Auswilderungsfläche bei Zülpich-Geich wurden in 4 Durchgängen insgesamt 98 Feldhamster wieder in ihr natürliches Habitat entlassen.
Das Auswilderungsprojekt wird federführend vom Kreis Euskirchen durchgeführt und wird von der Biologischen Station im Kreis Euskirchen e.V. und dem Land NRW unterstützt. Im Artenschutzzentrum Metelen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz wurden die Feldhamster in einer im Jahr 2016 eingerichteten Erhaltungszucht vermehrt. Zur Gründung der Zucht wurden in den Jahren 2015 bis 2017 die letzten wilden Feldhamster in Zülpich eingefangen.
Landrat Markus Ramers freute sich, gemeinsam mit dem Umweltminister des Landes Nordrhein-Westfalen Oliver Krischer, Josef Dr. Josef Tumbrinck (Abteilungsleiter für Naturschutz im MUNV) und Zülpichs Bürgermeister Ulf Hürtgen den kleinen Tieren am Dienstag wieder den Weg in die Freiheit zu ebnen. „Unsere Feldhamster kehren nach einer erfolgreichen Erhaltungszucht endlich zurück in die Heimat.“
Bürgermeister Ulf Hürtgen ergänzt: „Früher war der Feldhamster in der gesamten Börderegion vorzufinden, bevor die Population abnahm und die NRW-weit letzten wildlebenden Exemplare schließlich in Zülpich eingefangen wurden, um sie nachzüchten zu können. Ich freue mich, dass der Feldhamster nun wieder zurückkehrt und Zülpich hier in punkto Artenschutz eine Vorreiterrolle einnimmt.“
Bis zu diesem Zeitpunkt war es für Rebekka Vogel von der Unteren Naturschutzbehörde allerdings eine große Herausforderung. Viele Vorträge in Ausschuss- und Gemeinderatssitzungen, aber auch Informationentermine sowie Abstimmungen zwischen allen Beteiligten, insbesondere mit der Landwirtschaft waren notwendig. Zur Berücksichtigung der landwirtschaftlichen Belange musste ein agrarstrukturelles Gutachten erstellt werden. Darüber hinaus besteht eine Rahmenvereinbarung zwischen dem Umweltministerium, der Landwirtschaftskammer NRW und dem Rheinischen Landwirtschaftsverband e.V., die u.a. regelt, dass für angrenzende Landwirte keine Benachteiligungen entstehen, wenn sie nicht am Projekt mitarbeiten. Die Teilnahme am Projekt ist also eine freiwillige Sache.
Bereit gestellt wird die Auswilderungsfläche von der Stiftung Kloock – vertreten durch die Stadt Zülpich. Die Pächter zeigten sich ebenfalls bereit die Flächen hamsterfreundlich zu bewirtschaften. „Es liegt auch an der vertrauensvollen und konstruktiven Zusammenarbeit mit unseren Landwirten hier vor Ort, dass es uns gelungen ist, den Feldhamstern wieder ein Zuhause zu geben“ so Rebekka Vogel. Der Feldhamster benötigt Flächen mit tiefgründigen, gut grabbaren Böden ohne Grundwassereinfluss. Durch hamsterfreundliche Maßnahmen wird für ausreichend Nahrung und Deckung während der Aktivitätsphase gesorgt.
Der Allgemeine Vertreter des Landrats und zuständiger Geschäftsbereichsleiter der Unteren Naturschutzbehörde ergänzt:
„Es erfüllt mich mit Freude, dass es uns mit großen Mühen gelungen ist, den Feldhamster zurück nach Zülpich zu bringen. So ein Projekt ist nur realisierbar, wenn Vertreter der Landwirtschaft und des Naturschutzes eng zusammenarbeiten und die Kommune und das Landes geschlossen hinter solch einem Projekt stehen.“
Für die nun freigelassenen 98 Feldhamster wurden sogenannte Initialbauten angelegt, die mit einer ersten Futterration ausgestattet wurden, um den Start ins neue Heim nicht allzu schwer zu gestalten. Um die Feldhamster vor Füchsen oder freilaufenden Hunden zu schützen, wurde die Fläche umzäunt. Das Ziel dieser Maßnahmen ist es, dass die Tiere eigenständig Baue anlegen können und mit ihrem Nachwuchs neue Flächen besiedeln.
Um die Entwicklung der Population verfolgen zu können, führt die Biologische Station im Kreis Euskirchen e.V. zunächst für 10 Jahre ein Monitoring durch. Bereits in Pulheim, Rommerskirchen und Aachen wurden vergleichbare Aktionen vorgenommen. Dort sind bereits erste Erfolge zu verzeichnen, die sich durch eine Ausbreitung und Erhöhung der Bauanzahl zeigt. Das Konzept scheint also zu funktionieren. Rebekka Vogel gibt sich zuversichtlich, dass dies auch im Kreis Euskirchen gelingen wird.
Hintergrundinformationen Feldhamster in NRW
Der Feldhamster wird etwa 20 bis 25 Zentimeter groß und hat eine auffällig bunte Fellzeichnung: Das gelblich-braune Rückenfell des Nagers steht im Kontrast zu dem schwarzen Bauchfell, Kopf und Flanken haben weiße Flecken, auch die Pfoten sind weiß, der kurze Schwanz rotbraun. Mit seinem kräftigen, gedrungenen Körperbau, den mittelgroßen runden Ohren und den kurzen Beinen mit kräftigen Füßen ist er an das Leben unter der Erde gut angepasst. Der Feldhamster ist eine Charakterart struktur- und artenreicher Ackerlandschaften mit tiefgründigen, nicht zu feuchten Löss- und Lehmböden und tiefem Grundwasserspiegel. Diese Bodenverhältnisse benötigt er zur Anlage seiner selbst gegrabenen, verzweigten Bausysteme. Im Sommer befinden sich diese meist 40 bis 50 Zentimeter unter der Erdoberfläche, im Winter in einer Tiefe von bis zu 2 Metern. Entscheidend für das Überleben der überwiegend dämmerungs- und nachtaktiven Tiere sind genügend Deckung sowie ein ausreichendes Nahrungsangebot auf den Feldern, da der Feldhamster seine Nahrung oberirdisch sucht. Bevorzugt werden Wintergetreide und mehrjährige Feldfutterkulturen, günstig sind auch Sommergetreide und Körnerleguminosen. Nach Beendigung des rund sechsmonatigen Winterschlafs werden die Tiere im April oder Mai aktiv. Ab Spätsommer „hamstern“ sie Getreide, Wildkrautsamen, Hülsenfrüchte, auch Stücke von Rüben und Kartoffeln als Vorrat für den Winter.
Der Feldhamster galt jahrzehntelang als bedeutender landwirtschaftlicher Schädling. Noch bis in die 1980er Jahre waren die kleinen Nager so häufig, dass ihr Fang in Deutschland teilweise staatlich organisiert wurde (z.B. in der ehemaligen DDR). Heute hingegen ist der Feldhamster in der gesamten Europäischen Union eine streng geschützte Art. In Nordrhein-Westfalen sind seit den 1980er Jahren die Feldhamsterbestände sehr stark zurückgegangen.
Weitere Informationen zur Aussiedlung von Feldhamstern in NRW sind zu finden unter: www.lanuv.nrw.de